12.10.2008

No reason to panic!...

Gestern nach einem ganz tollen Konzert gewesen im Concertgebouw! Es war ein ganz verrücktes Programm, mit frühe Werke von Prokofieff und einige moderne Werke, alles dirigiert von der begeisterungsfähige David Robertson. Nach dem ersten Stück von Tristan Keuris sollte das Klavier auf die Bühne gebracht werden für das erste Klavierkonzert von Prokofieff. Im Concertgebouw hat man dafür eine tolle Konstruktion: das Klavier wird mit einer Art Aufzug hochgefahren, und kommt quasi "aus" der Bühne - alle Streicher die vorne sitzen müssen dann auch kurz Ihren Platz verlassen. Das geniale Concertgebouworchester hat als quasi "Begleitmusik" zu dieser Umbau ein Stück für Bläser, Kontrabass und Schlagzeug von Mayke Nas programmiert, das während das Aufstellen des Klaviers gespielt wurde. Mayke ist die Enkelin von Louis Toebosch, und mit Ihr habe ich noch studiert in Tilburg!... Dieses sehr inventive Stück hat eine Titel die sich heutzutage auf alle finanziellen Markte hervorragend machen würde: "NO REASON TO PANIC!"...

Nach diesem Stück spielte Enrico Pace den Solopart in dem Prokofieff - mit atemberauberender Virtuosität und selten gehörte Feinheite! Enrico war vor fünf Jahre der Pianist in dem 2. Brahms-Klavierkonzert bei meinem Antrittskonzert in Hagen, und es war ungemein schön ihn in der Pause zu treffen - weil Leonard (auch ehemalig de Tiègeschüler) und ich einfach so frech waren den Solistenzimmer zu betreten!...

Nach der Pause wurde ein phantastisches Stück von Sofia Goebajdoelina gespielt - unglaublich welch eine Kraft diese Musik im Concertgebouw entwickelte! Das große Maarschalkerweert-orgel mit dem Hochvirtuosen Leo van Doeselaar klang phänomenal! Es war auch großartig die Komponistin selber zu sehen und zu beobachten wie froh sie mit dieser beeindrückende Aufführung war. Zum Schluss klang noch der äußerst schwierige und keikele 1. Sinfonie (Klassische) von Prokofieff, der gerade auch in Hagen auf dem Programm steht!...

Übrigens bin ich ab Donnerstag großer Feind der Deutsche Orchestervereinigung!!! :-) Und ich habe auch absolut kein Verständnis mehr für streikende Musiker!!!! :-) :-)

Was ist passiert?

Ich war am Donnerstag in der Tosca in Dortmund. Annemarie Kremer sang eine großartige Titelpartie, und mein Mentor und Freund Jac van Steen dirigierte. Am Anfang der Vorstellung kam ein Mitglied der Gewerkschaft erklären warum die Musiker einen sogenannten "Warnstreik" machen würden. Es geht um die Abkupplung der öffentliche Dienst und weitere Konditionen die in Verhandlung mit dem Bühnenverein schon seit vier Jahren nicht zum Einigung gebracht werden können. So weit noch alles in Ordnung.

Aber diese Verzögerung dauerte insgesamt 10 Minuten. Anschließend an der Vorstellung sind Maestro van Steen und ich in Eiltempo im Auto gestiegen. Ziel war, daß er mich in Eindhoven zum Nachtzug von 23.57 bringen würde, damit ich noch auf einem einigermaßen christlichen Zeitpunkt in Amsterdam arrivieren würde. Durch diese Verzögerung kamen wir genau FÜNF Minuten zu spät für diesen Zug, was zur Folge hatte das ich im Nachtzug von einer halben Stunde später, als Bonus zur Fahrkarte, eine Sightseeing-tour "Holland-by-night" bekommen habe (Tilburg-Breda-Rotterdam-Den Haag-Leiden-Schiphol) und wohlgezählt um KURZ NACH HALB VIER (!!!) meine Amsterdamer Wohnung betreten konnte!... /&%$/&%$/

Aber wie immer, hilft es auch hier, wenn man einfach ruhig bleibt... Und sich immer wieder diese heilsame Worte der Kompostion von Mayke Nas wiederholt: NO REASON TO PANIC!

PS einen kleinen Nachtrag: Diese ganze Passage rundum den DOV und streikende Musiker ist selbstverständlich humorvoll gemeint - und in keinster Weise als politisches Statement! Nach fünf Jahre harte Kulturkampf in Hagen kann sich jeder hoffentlich meine Haltung zu Einsparungen in Kulturbereich oder Non-Respekt gegenüber ausführenden Künstler denken.
Oder so wie ein Dortmunder Kollege meinte...: "Hätte der Chef einfach schneller fahren sollen!"... (noch schneller?..........)



3 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Zitat: Antony Hermus "Übrigens bin ich ab Donnerstag großer Feind der Deutsche Orchestervereinigung!!! :-) Und ich habe auch absolut kein Verständnis mehr für streikende Musiker!!!! :-) :-)"

Lieber Antony Hermus,

es war schön, Sie live erleben zu dürfen und Ihre ansteckende Lebendigkeit zu spüren, es ist auch interessant und macht Spass Ihre Berichte hier zu lesen, ich frage mich nur, ob Ihre oben geäußerten Worte Politik sind oder ob ich das unter Humor verbuchen soll.

Bei allem Respekt vor Ihrer Person, aber solche Aussagen können Fremde leicht mißverstehen. Musiker haben keine starke Lobby und bedürfen umsomehr der Unterstützung von Ihrer Seite. Stöcke zwischen die Beine bekommen wir schon genügend und gerade Ihnen ist doch klar, dass Kultur kein Hobby, kein Luxus ist auf dass man gegebenenfalls auch verzichten kann.

Liebe Grüsse Maria Jedamczik

Anonym hat gesagt…

Liebe Maria Jedamczik,

vielen Dank für Ihre Reaktion! Es hat mich auch total Spaß gemacht Ihr Orchester kennenzulernen und eine so große Offenheit erfahren zu dürfen!

Zu meinem Blog-eintrag: selbstverständlich sollte man dieser ganzen Eintrag nur mit größtmöglichen Humor betrachten und um Gottes Willen nicht als Politik... Deswegen auch die vielzählige Smiley-zeichen ":-)" in dem Text! So ist es jedenfalls von meiner Seite gemeint, da sollte bitte kein Mißverständnis über entstehen, und jeder aus meiner Umgebung der mich kennt wird Ihnen dies unmittelbar bestätigen!

Beim wiederlesen gebe ich Sie allerdings vollkommen recht: jemand der Fremd in der Musikerwelt ist, oder "nicht willens" wäre sich hierauf einzulassen, kann mein Beitrag leicht falsch verstehen - da sollte ich in der Zukunft etwas vorsichtiger sein, und das werde ich auch in meinem nächsten Eintrag "offiziell" geraderücken.

In Hagen, wo ich fünf Jahre GMD war, habe ich an der Seite des Intendanten und vielen anderen Personen, häufig und manchmal auch als Frontmann politisch und gesellschaftlich gekämpft für den Erhalt der Kultur, der meines Erachtens ein Lebenselixier ist für jede Stadt. Um mit Simon Rattle zu sprechen ("Rhythm is it"): "Kultur ist kein Luxus, aber eine essentiele Notwendigkeit, wie das Wasser, das wir trinken, und das Brot das wir essen". Die Worte des Vorsitzenden der Hagener Theaterförderverein, Klaus Hacker, kann man nur unterschreiben: "Kultur ist nicht die Sahne auf dem Kuchen, aber das Hefe im Teich". Recht hat er!

In Paris haben die Müllmänner mal zwei Wochen nicht gearbeitet - und nach ein paar Tage war das Ergebnis schon merkbar in der ganze Stadt. Ich bin mir sicher, wenn es allerdings keine Musik oder Kultur mehr geben würde, welchen Schmutz würde sich dann in den Seelen der Menschen aufhaufen?!

Ich will mit meinem Blog absolut keine politischen Aussagen tun, es steht mir auch gar nicht zu. Vielmehr sollte mein Blog für Freunde, Bekannten und Interessierten eine Art "Lebenszeichen" meiner Seite sein, worin ich erzähle von meinen Erlebnisse in meinem (bis jetzt noch) freiberuflichen Leben, sowohl menschlich als musikalisch. Und da gehörte dieses "Zug verpassen und damit eine holländische Weltreise machen" dazu... :-)

Ich bedanke mich sehr für Ihre Reaktion, entschuldige mich für die Unklarheit und ich hoffe, dieses Mißverständnis hiermit beseitigt zu haben!

Liebe Grüße und alles Gute wünscht Ihnen,

Ihr
Antony Hermus

Unknown hat gesagt…

Lieber Antony Hermus,

vielen Dank für Ihre schnelle und ausführliche Antwort und danke für Ihre Offenheit und Ihre klare Stellungnahme. Diese Haltung habe ich Ihnen im Geheimen auch unterstellt ;-) - etwas Anderes wäre auch absurd, obwohl es keine Selbstverständlichkeit mehr ist und viele verkaufen schnell ihre Seele für einen Job.

Streik? Kampf gegen Stellenabbau und gerechte Löhne? Es geht nicht um mich - obwohl ich meinen Beruf liebe, es gibt genug andere Möglichkeiten weitaus mehr Geld zu verdienen - es geht um massiven Kulturabbau verbunden mit anderen Werten, die für mich Menschsein ausmachen.

Ja, Musiker genießen in der Öffentlichkeit einen fast unangemessen hohen sozialen Status, die Bewunderung wird aber finanziell in keiner Weise honoriert und die meisten Leute für die Musiker wie Ikonen sind, gehen nicht mal ins Konzert. Ich glaube auch, man hat im Allgemeinen eine völlig falsche Vorstellung, was Musiker verdienen. Wir können gern über Zahlen reden. Ich muss nicht mit etwas prahlen, das ich nicht besitze. Wir haben jetzt schon im Orchester die Situation, dass junge Musiker nach erfolgreichem Probespiel die Stelle nicht antreten, weil sie sagen, für das Geld können sie nicht arbeiten. Davon kann man keine Familie ernähren.

Von Bühnenverein und Arbeitgeberseite werden wir seit Jahren über den Tisch gezogen, waren das schwächste Glied in der Kette und müssen uns gegen unverschämte Vorwürfe wehren und man spührt, dass keinerlei Wertschätzung für die Musik und unsere Leistung vorhanden ist. Dort sitzen anscheinend Bürokraten und Controller, die am Liebsten jeden Ton einzeln berechnen - leise Töne sind natürlich billiger, weniger db - und nicht die nicht die leiseste Anhnung von der Seele der Musik und ihren transformierenden Möglichkeiten haben.

Sie haben ja so recht mit dem, was Sie sagen und es tut mir leid, wenn ich zu aufbrausend geworden bin. Ich wollte Sie in keiner Weise bedrängen oder blossstellen und danke Ihnen für die Klärung.

Auf bald - liebe Grüsse zurück

Ihre Maria Jedamczik