31.07.2008

Am Zug

Wenn man in Taiwan auf die Straßen rundfährt fallen verschiedene Sachen sofort auf. Zunächst sehen ungefähr alle Straßen gleich aus - zumindest für jemanden wie ich der die Chinesische Zeichensprache nicht mächtig ist und visuell nicht sonderlich begabt ist. Überall sieht man kleinere und größere Läden, Restaurants, Hochbauwohnungen - und wirklich, der Leihe bemerkt kaum ein Unterschied. Was auch auffällt ist der "Count-Down" der hier über manche Ampel hängt: "Noch 30 Sekunde, 29, 28..." und Grün: LOS!!! In dem Moment danach ist hier dann "Survival of the fittest" angesagt: Autos gehen fast immer vor den unzählbaren Rollers, Vorfahrt oder nicht, das kommt alles nicht so eng. Trotzdem wird ziemlich sicher gefahren - jeder passt wirklich gut auf, und es passieren verhältnismäßig wenig Unfälle.

Heute abend nach der Probe in Tainan mit dem Chimei Philharmonic Orchestra bin ich dann wieder nach Taipei zurückgereist, weil morgen wartet einen langen Tag mit einige neuen Begegnungen: zwei Proben mit dem Taipei Symphony Orchestra, und eine mit dem Ballet.

Gefahren bin ich auch diesmal mit dem Taiwan High Speed Rail, Taiwans TGV sozusagen. Reisedauer 1 Stunde 40 Minuten, und für gut 400 Kilometer ist das sehr akzeptabel! Die Strecke ist seit Januar 2007 in Betrieb und verbindet Taipei, die Hauptstadt im Norden, mit Kaohsiung im Süden. 300 Kilometer dieser Strecke benützt ausschließlich Tünnel und Brücken, um anderen Verkehrsadern auszuweichen und dem ökologischen Anspruch so viel wie möglich zu entsprechen. Natürlich hat auch dieser Bau wieder länger gedauert als normal, wie das so ist mit Neubauten (ich sage nur Orchesterprobenraum, für Intimi... :-) ). Und auch hier ist das alles viel teurer geworden als erwartet: die Strecke gilt momentan dann auch als eine der teuerste Bahn-Neubaustrecken der Welt. Habe heute gut aufgepasst, und regelmäßig Geschwindigkeiten von 300 km/St. registriert!... Und, Überrasschung: diese Züge fahren pünktlich!!!

Übrigens - es kann nicht jeden Tag Party sein. Heute gab es leider kein 27-Gänge-Menü, aber ganz normal ein Menü von MOS-Burger, der Taiwanesische Mc Donalds auf dem Hauptbahnhof in Tainan. Mit dem Unterschied daß man auch hier frische Fisch in einem gesunden Reisburger bekommen kann, inklusive Salat statt Pommes Frites. Wenn man unbedingt mag, natürlich!... :-)

Die Liebe eines Mannes...



....geht durch den Magen! Speziell für meinen holländischen Agent Eric einen kleinen Beitrag über das hervorragende Essen... Daß man in Asien gut speisen kann war mir schon länger bekannt - aber SO gut!

Gestern waren wir wie gesagt bei einem Japaner. Der Raum worin wir saßen wurde fast hermetisch zugeschlossen. Wir saßen völlig abgeschirmt von den anderen Gästen, und unser sechs wurden mit zwei Personen fast durchgehend bedient. Jedem wurde persönlich erklärt was er dann gerade zu sich nehmen würde, nach einem Schluck Tee wurde sofort nachgefüllt, und es hat gerade noch gefehlt daß alles vorgekostet wurde...

Heute abend war ich dann mit dem Direktor und seine Familie in einem Kantonesischen Restaurant. In vielen Restaurants bestellt man einfach kleine Portionen, die dann alle am Tisch unter sich aufteilen. Die Küche ist extrem vielfältig - Taiwan ist eine Insel, also viel Meeresfrüchten natürlich. Heute abend dann auch Taiwanesisches Bier getrunken (mmmmmm......) und leckere Fischsorten gegessen. Zu der Familie des Direktors stoß auch noch die Solo-Kontrabassistin - die scheint auch irgendwas mit der Organisation zu tun zu haben (Antje, wo bist Du? :-) ). Absoluter Höhepunkt war der Teller mit Hühnerfüße, hier eine Delikatesse - na ja, Gefühlssache würde ich so sagen...

Gottseidank bin ich immer mit Einheimischen unterwegs, sonst kann ich mich vorstellen daß man oft nicht einmal weiß ob man jetzt Säfte oder Autoteile kauft, oder vielleicht sogar Sportwetten abschließt - in manchen Restaurants muß man Zetteln ausfüllen um etwas auf den Teller zu bekommen...

Aber die Menschen sind fast durchwegs sehr freundlich und höflich, allerdings auch sehr tatkräftig. Das habe ich heute empfunden. Nach meinem gestrigen vorsichtigen Anstoß daß die Anzahl der Violinen für Verdi etwas an der unteren Seite wäre, saßen heute in der Probe plötzlich fünf Geiger mehr im Orchester, alles Aushilfen. Da hat Hagen also Glück gehabt!...

29.07.2008

Verdi mit Chopsticks?...

Vielen haben mich gefragt - komm Antony, lasse doch ab und zu etwas von Dir hören! Also, ich habe mich heute abend ein bißchen durchgeforscht und bin letztendlich in diesem Blog gelandet!

Und gleich die erste Frage machte mich das Gewissen schon etwas unrein... "In welcher Sprache wollen Sie bloggen?!"... Nach reiflicher Überlegung habe ich dann letztendlich doch für Deutsch gewählt. An der einen Seite weil das für viele Deutschen (wovon die meisten zu faul sind um holländisch zu lernen und sich gerne wegen meinem gehobenen Rudi-Carell-Deutsch lustig machen) so ab und zu etwas zum lachen geben wird. Und an der anderen Seite weil die Holländer sowieso immer "ben ik van Duytschen Bloed" singen, und sie das dann hier ohne Probleme unter Beweis stellen können!...

Seit gesternabend bin ich in Tainan, das ist der ehemalige Hauptstadt von Taiwan, und liegt an der Küste im Süden. Heute nachmittag habe ich meine erste Orchesterprobe gehabt mit dem Chimei Philharmonic Orchestra. Und ich muß sagen, das waren sehr schöne 3 Stunden! Das Orchester ist sehr jung, es sind vor allem Musiker die gerade von der Hochschule gekommen sind, teilweise auch noch studieren. Also viel Feuer und Temperament kam zurück, und es wurde mir dann auch am Anfang eine berauschende Forza-Ouvertüre um die Ohren geschmettert!... Wie das die ganze Woche ohne Ohrstöpsel weiter gehen muß, weiß ich nicht... Aber es macht viel Spaß, obwohl wir noch wahnsinnig viel zu tun haben. Das Ballett "Kamielendame" von der Taiwanesische Choreograph Allen Yu ist über 2 Stunden lang, und am Samstag den 9. August haben wir schon Premiere! Aber nach heute nachmittag habe ich gute Hoffnung, daß wir das schaffen könnten - auch wenn noch viel Aktion angesagt ist!

Gestern war allerdings gar keine Aktion angesagt... Eine ziemlich heftige Typhoon (Hurricane) mit der Name Fung Wong zog sich über Taiwan mit großen Geschwindigkeiten! Draußen in Taipei (der Hauptstadt, wo ich Sonntagmorgen gelandet bin) hat es ständig heftigst geregnet, und vor allem tierisch geweht!... Also, das ganze öffentlich Leben in Taiwan lag brach, es lief ja gar nichts, und, ehrlich gesagt, wäre es auch unverantwortlich gewesen.
Am Abend war der Typhoon dann in der Richtung Chinas gezogen, und fing alles wieder langsam an. Ich habe mich dann in der ersten Highspeedrail gesetzt der es gab - einen tollen Zug, mit Geschwindigkeiten von über 250 km/h - der hinbekam daß ich sehr sicher in Tainan angekommen bin. Da werde ich momentan von dem damaligen Orchesterdirektor so ungefähr wie ein Halbgott betreut: heute nachmittag Lunch, danach SIM-Karte kaufen für Gespräche in Taiwan, nach der Probe Besuch am Theater wo die Aufführungen stattfinden werden, und anschließend 3 Stunden ein Luxus-7-Gänge-Diner mit seiner ganzen Familie in einem supertollen Japanischen Restaurant! Was für ein leckeres Essen!!!...

Es gibt noch viel mehr zu erzählen, aber ich muß erstmal versuchen mein Jetlag zu überwinden. Bei uns ist es jetzt fast 12 Uhr nachts - deswegen: gute Nacht!