16.06.2009

Digitale Reisen

Es ist heute schon fast zwei Wochen her daß unsere letzte Giovanni-Vorstellung in Rennes war. Und welch ein enormes Ereignis war das! Gegen 7000 Menschen hatten sich versammelt auf dem Platz zwischen der Oper und dem Rathaus, um mittels "public viewing" die ganze Oper mitverfolgen zu können... Es gab eine enorme Stimmung, die darin endete daß alle Sänger und ich am Ende der Oper wie Popstars gefeiert wurde... Jetzt weiß ich wie Beatrix sich fühlt :-)

Die Firma Orange hat 820.000 Euro in dieses Projekt investiert. Sie wollte mittels Oper eine neue 3-D-Technologie sowie ein neues Sound-System demonstrieren. Es gab für alle die das wollten während der Opernaufführung eine Möglichkeit im Rathaus, mit so einer Brille, das ganze in 3-D zu verfolgen: Don Giovanni wie im Marionettentheater! Weiterhin wurde alles Live übertragen nach viele Kinos in Paris und der Rest von Frankreich, wo man, auch mit Brille, die ganze Oper verfolgen konnte...

Tv-Rennes und das Kanal MEZZO sorgten dann noch für den Höhepunkt: Live-Übertragung in 39 Länder, unterstützt von Radio France.

Natürlich hatte ich meine Eltern auch in Kenntnis gesetzt von der Link der Live-Übertragung auf Internet - nicht jeder hat eben MEZZO auf sein Fernsehen... Aber die technologische Fortschritte in Hause Hermus waren noch nicht so weit gegangen daß das alles reibungslos klappte. Aber... wenn mein Vater dann um halb elf abends anfing vor sich hin zu zappen, passierte das geniale: plötzlich flog dann meine Wenigkeit mit große Gesten vorbei auf dem Bildschirm... Sie hatten doch MEZZO...


Die letzten Wochen wurden dann viel gereist: Dortmund, Hagen (hervorragendes Konzert der Hagener Phillies mit den Klezz-Brothers!), Amsterdam, eine spontane Flugreise nach Berlin für die Pressekonferenz des Classic Open Airs, und zwei megavollen Tagen in Dessau. Nach Freundebesuche in Tilburg, Utrecht und Groningen bin ich jetzt gerade angekommen in Rouen, eine wunderbare Stadt in der Normandie, wo ich kommenden Freitag mit Elisabete Matos ein Galakonzert dirigieren werde. Und da freue ich mich sehr darauf!



Aber jetzt erst... schlafen...!


02.06.2009

Multidimensional...

Scham... TIEF.......

Es ist jetzt wirklich SEHR lange her, daß ich auf meinem BLOG etwas von mir hören lassen habe... Entschuldigung... Vielmals... Aber jetzt endlich werde ich mich revanchieren! Ich habe den letzten 3 Monaten eine sehr tolle und aufregende Zeit haben dürfen, bin viele unglaublich besondere Menschen begegnet, und habe viele fantastische musikalische Erfahrungen sammeln dürfen! 


Nach meiner Zeit von Vorstellungen bei Opera Zuid mit Zar Saltan bin ich nach Paris gezogen. An der Opéra National de Paris habe ich Cimarosas Matrimonio einstudiert. Es war eine herrliche Zeit - ein fantastisches Appartement bei St. Michel an der Seine, tolles Wetter, meine viele etwas suizidial gefärbte Fahrten auf einem Velibes (ein Art französisches Fahrrad - für Holländer ein MUST!), die tolle Zusammenarbeit mit Regisseur Marc Paquien und dem hochmotivierten Orchester, und natürlich die viele tollen Gespräche und Reflektionen mit meinem holländischen Freund und Dirigentenkollegen Arnaud der mich musikalisch zur Seite gestanden hat. Eine sehr inspirierende Zeit für sowohl Leib als Seele! In der Seele hat sich das in wirklich sehr gute Vorstellungen gezeigt - im Leib, dank la belle cuisine francaise, eher in Kilos... :-)




Dann war zwischendurch einmal der Pressekonferenz für die neue Spielzeit in Dessau. Am 24. April bin ich morgens noch vor Tageslicht von Paris nach Berlin geflogen, bin da dann abgeholt worden von Herrn Landgraf, und um 11 haben wir mit unserem neuen Team die Programmierung der nächsten Spielzeit vorgestellt (www.lockbuch-dessau.de). Dies war eine sehr warmherzige Begegnung mit vielen neuen interessierten Personen, und es war ein großes Interesse an unsere Pläne da, die auch wirklich sehr schön geworden sind (finde ich zumindest selbst... :-) ). Nachmittags bin ich dann wieder zurückgeflogen von Berlin nach Dessau, wonach ich dann um 20 Uhr abends die Hauptprobe Matrimonio dirigiert habe - bis 23.30... Fast Dirigenten-Jet-Set-Allüren, aber wie unser verehrter Maestro Gergiev immer schon sagte wenn ihm gefragt wurde ob "al diese Reiserei doch nicht anstrengend ist": "Das geht - man kann sich dabei doch hinsetzen!" :-)


Das neue Team des Anhaltischen Theater Dessau


Während meiner Pariser Aufenthalt habe ich dann, im Rahmen des Projektes Rhapsody-in-School von Pianist Lars Vogt, ein Besuch gebracht an der Deutsche Internationale Schule in Paris. Dies war ein toller Tag: Mit Andrea Hill, die die Rolle des Fidalmas sang, und Arnaud haben wir 2 Stunden lang Musikunterricht gegeben, viel erzählt über unsere musikalische Erfahrungen, für die Kinder musiziert, und am Schluss sogar mit denen gesungen. Tina, die Musiklehrerin, hatte sowohl Schlusschor 9. Beethoven - das ich dirigieren lassen habe von einem der Schüler - als Disneys "The lion sleeps tonight" einstudiert. Eine sehr besondere und schöne Erfahrung, und die großartige Kochkünste von Tinas Mann waren nachher ein Ereignis!

Nach den Vorstellungen in Paris bin ich dann direkt nach Rennes gezogen, wo die Proben für Don Giovanni schon auf Hochtouren liefen. Rennes ist und bleibt einfach eine unglaublich schöne Stadt. Mit seinen 210.000 Einwohnern ist es die 10. Stadt in Frankreich, und es hat ein wunderbares altes mittelalterlichen Zentrum, mit einem sehr intimen Theater. Dieses Theater ist einer der faszinierendsten Monumente in Rennes, gebaut in 1836, mit einem tollen italienischen Innen-Einrichtung. Es ist sehr populär unter der Bevölkerung, und hat insgesamt einen 99,5 % Auslastung!

Rennes liegt nur eine Stunde von der Küste entfernt, und die vielen Mai-freien Tagen habe ich genützt um ab und zu das Meer zu besuchen. Meine große Spaziergang der Bretonnische Küste entlang (GR-34, von St.-Malo nach Cancalle!) zählt zu den Highlights des letzten Jahres!


Unter der musikalische Aufsicht von meinem Kollegen und Freund Gwennolé Rufet (ehemalig 1. Kapellmeister in Hagen) wurde schon während meiner "noch-nicht-Anwesenheit" fleißig musikalisch und szenisch geprobt von den Sängern, und er hatte das musikalische Ruder wirklich fest und ausgezeichnet in der Hand genommen bis dem Moment meiner Ankunft.

Auch hier in Rennes war mir das große Glück beschert mit einer außerordentlich guten Sängerbesetzung arbeiten zu dürfen! 


Das Don Giovanni-Team auf dem Strand in St. Malo

Der Probenprozess war zwar ziemlich hektisch, aber der ehemaligen Assistent von Achim Freyer, Frans de Haas, und Jean Michel Fournerau haben uns zusammen mit meinem musikalischen Assistenten Inaki Encina hervorragend durch die gigantische Menge Probleme gelenkt, und das Ergebnis ist dann auch einfach hervorragend geworden. So eine spannende und lustige Inszenierung von Giovanni habe ich echt selten gesehen. 

Konzentrierte Arbeitsprobe mit Zerlina und Masetto 

Jede Aufführung ist bis jetzt mit Ovationen beteilt worden. Die Inszenierung ist dann auch unglaublich schön, und das sehr motivierte Orchestre de Bretagne spielt einfach ein hervorragender Mozart! Und ich liebe es einfach um selbst die Rezitativen einfüllen zu können... Man fühlt sich dann echt Musiker unter den Musikern, und man kann die Kollegen zeigen daß ein Dirigent auch nur ein Mensch ist... :-)



Morgen erleben wir dann das Highlight der Aufführungen (hoffentlich zumindest). Die morgigen Vorstellung wird nämlich live auf dem Rathausplatz ausgesendet. Und nicht nur auf dem Rathausplatz! Mit Hilfe einer neuen Technologie ist die Vorstellung (durch eine spezielle Brille) auch in 3-D zu sehen im Renner Rathaus und in verschiedene Kinos in Rennes und Paris. Daneben wird das ganze dann live gesendet auf MEZZO und Radio France, das empfangen werden kann in 39 Länder... Ein bißchen nervös bin ich schon!...


Nach der gestrigen Vorstellung, der schon ganz mitgeschnitten wurde, haben wir schon eine Kostprobe haben dürfen des neuen Soundsystems und die 3-D-Umsetzung - und ich muß echt sagen: Hut ab! Heute nachmittag hatte ich dann noch einen sehr schönen Termin mit Paul, der Tonmeister von Radio France, mit wem ich dann noch die letzte i-Tüpfelchen erarbeitet habe - und jetzt bin ich natürlich sehr gespannt was das alles morgen wird... Ich werde selbstverständlich berichten! 

ECHT!!!... :-)